Newsletter April 2017

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Wohnraummietrecht  (Eigenbedarfskündigung einer GbR)
Sachverhalt:
Die Mieter haben im Jahre 1985 in München eine Fünfzimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus angemietet. Die derzeitige Vermieterin der Wohnung ist eine 1991 gegründete, aus vier Mitgliedern bestehende Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) die das Anwesen noch im selben Jahr erworben hat. Zweck der Gesellschaft sind einerseits die Instandsetzung, die Modernisierung und der Ausbau des Anwesens und zum anderen seine Vermietung sowie nach Möglichkeit die Aufteilung in Wohnungseigentum. Das Objekt wurde saniert und danach in Wohnungseigentum aufgeteilt. Ein Teil der Wohnungen wurde verkauft, der Rest verblieb im Eigentum der GbR. Im Jahre 2013 kündigte die GbR das Mietverhältnis mit den Mietern, mit der Begründung, die Tochter eines ihrer Gesellschafter benötige die Wohnung für sich und ihre Familie. Die Mieter haben der Kündigung widersprochen.
Entscheidung:
Der BGH gibt der Vermieterin Recht. Der BGH räumt allerdings ein, dass der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nach seinem Wortlaut auf natürliche Personen zugeschnitten sei. Es sei jedoch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften für die GbR möglich. Die vom Berufungsgericht als Ausgangspunkt seiner Überlegungen gewählte Prämisse, der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB solle den Mieter vor einem Verdrängungsrisiko durch eine überschaubare Anzahl von Personen auf Vermieterseite schützen, findet bereits keine Stütze in den Gesetzesmaterialien. Allenfalls bei großen Publikumsgesellschaften, insbesondere Fondsgesellschaften soll eine analoge Anwendbarkeit des § 573 BGB nicht möglich sein. Zudem hat der BGH seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass ein Verstoß gegen die Anbietpflicht einer vorhandenen Alternativwohnung nicht mehr zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung,sondern nur noch zur Schadensersatzpflicht führt.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

BGH Urteil vom 14.12.2016 – VIII ZR 232/15
Wohnraummietrecht (Nutzungsentschädigung darf ortsübliche Vergleichsmiete übersteigen)
Sachverhalt:
Die Mieter hatten ein Einfamilienhaus in München gemietet. Das Mietverhältnis endete durch erklärte Eigenbedarfskündigung der Vermieter zum 30. Oktober 2011. Die Mieter gaben die Mietsache jedoch erst am 15. April 2013 zurück. Bis dahin entrichteten sie die vertraglich geschuldete Nettokaltmiete in Höhe von monatlich 944,52 €. Die Vermieter verlangen eine weitergehende Nutzungsentschädigung nach Maßgabe der für das Mietobjekt ortsüblichen neuen Vertragsmiete.
Entscheidung:
Der BGH gibt den Vermietern Recht. Die Vermieter können wegen der Vorenthaltung der Mietsache nicht nur die von den Mietern entrichtete vereinbarte Miete, sondern weitergehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete verlangen (§ 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB). Hierbei handelt es sich um die so genannte „Marktmiete“ und nicht um die ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne des § 558 Abs. 2 BGB. Die in § 558 Abs. 2 S. 1 BGB vorgesehene Berücksichtigung der in der Gemeinde in den letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Bestandsmieten, sieht bereits der Wortlaut des § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht vor. Gegen eine Anwendung des § 558 BGB spricht auch der Sinn und Zweck dieser Regelung. Bei der Anwendung des §§ 558 BGB werden nämlich auch die Interessen des Mieters durch die Jahressperrfrist, die 15-monatige Wartezeit sowie die Kappungsgrenze berücksichtigt. Dazu besteht bei einem beendeten Mietverhältnis jedoch keine Veranlassung mehr. Unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Risikoverteilung sei es nicht einzusehen, dass der Vermieter sich mit der vereinbarten (geringeren) Miete begnügen müsse, wenn sich später im Rahmen eines Rechtsstreites herausstelle, dass die Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen sei.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 17/16)
Baurecht (Mängelrechte „grundsätzlich“ erst nach Abnahme)
Sachverhalt:
Der Besteller beauftragte den Unternehmer 2008 mit der Erneuerung der Fassaden an zwei unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden. Der Unternehmer führte die Arbeiten aus. Eine Abnahme der Arbeiten erfolgte nicht. Im Jahre 2009 rügte der Besteller Mängel an den Objekten und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung. Der Unternehmer bestritt das Vorliegen von Mängeln. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass doch Mängel vorliegen und schätzte die erforderlichen Sanierungskosten auf etwa 29.000 €. Der Besteller hat Klage erhoben und macht einen Kostenvorschuss geltend.
Entscheidung:
Der BGH verweist den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht, entscheidet jedoch die in Rechtsprechung und Schrifttum sehr umstrittene Frage, ob die Mängelrechte aus § 634 vom Besteller schon vor der Abnahme geltend gemacht werden können, dahingehend, dass dies nicht der Fall ist. Der Besteller kann allerdings berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, wenn er nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Allein das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür nicht. In diesem Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis dagegen, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertig gestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen. Vor der Abnahme hat der Besteller den Herstellungsanspruch sowie die ihm aufgrund des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zustehenden Rechte, wie Schadensersatz neben und statt der Leistung, Schadensersatz wegen Verzögerung, Rücktritt oder Kündigung aus wichtigem Grund.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13)



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