Newsletter Oktober 2016

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Maklerrecht (per E-Mail geschlossener Maklervertrag ist Fernabsatzgeschäft)
Sachverhalt:
Eine Immobilienmaklerin hat im Internet im Jahre 2013 ein Grundstück beworben. Auf Anfrage eines Kaufinteressenten übersandte die Immobilienmaklerin per E-Mail ein Exposé, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 3,57 % des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung fand sich in dem Exposé nicht. Der Kaufinteressent bestätigte per E-Mail den Eingang des Exposés und vereinbarte mit der Immobilienmaklerin einen Besichtigungstermin. In der Folgezeit erwarb der Kaufinteressent das Grundstück zu einem Kaufpreis von 650.000,00 €. Die Immobilienmaklerin verlangt von dem Käufer die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von etwa 23.000 €. Der Käufer verweigert die Zahlung und hat im Laufe des Rechtstreits den Maklervertrag widerrufen.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem Käufer Recht. Er muss der Immobilienmaklerin keine Maklerprovision zahlen. Nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. steht einem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB a.F. zu. Der BGH hat entschieden, dass der streitgegenständliche Maklervertrag, ein Fernabsatzvertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. ist, bei dem ein Widerrufsrecht besteht. Der Käufer konnte den Maklervertrag noch im Prozess widerrufen, weil er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden war. Das Widerrufsrecht des Käufers war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht gemäß § 312d Abs. 3 BGB a.F. erloschen. Das Erlöschen des Widerrufsrecht nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei einer Dienstleistung der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt worden ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Diese Voraussetzung lag nicht vor, da der Käufer die Provision vor der Ausübung des Widerrufsrechts nicht bezahlt hatte. Der Immobilienmaklerin steht auch kein Anspruch auf Wertersatz zu, da eine entsprechende Belehrung des Käufers fehlte.
(BGH Urteil vom 07.07.2016 – I ZR 68/15)
Baurecht (nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einem Dach – Verjährungsfrist von 5 Jahren)
Sachverhalt:
Die Bauherrin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. 2004 beauftragte die Bauherrin die Auftragnehmerin mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle. Die Auftragnehmerin führte die Arbeiten aus, welche im Mai 2004 abgenommen wurde. Die Auftragnehmerin stellte den vereinbarten Betrag in Höhe von etwa 286.000 € im Mai 2004 in Rechnung, welchen die Bauherrin zeitnah bezahlte. Die Photovoltaikanlage besteht aus 335 Modulen, welche je 18 kg wiegen. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Auftragnehmerin eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang erforderlich. Mit Schreiben von April 2005 rügte die Bauherrin die zu geringe Leistung der Anlage. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Auftragnehmerin, man müsse die Anlage noch zwei Jahre beobachten und danach die Ursache einer eventuellen Minderleistung feststellen. Im Mai 2010 beantragte die Bauherrin wegen der Minderleistung der Anlage die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Im Juli 2011 hat die Bauherrin Klage erhoben, mit welcher wegen Minderung die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von etwa 70.000 € begehrt wurde. Die Auftragnehmerin beruft sich unter anderem auf Verjährung.
Entscheidung:
Der BGH gibt der Bauherrin Recht. Zum einen ist ein Mangel gegeben, zum anderen ist die Forderung nicht verjährt. Das Vertragsverhältnis ist als Werkvertrag (§ 631 BGB) und nicht als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§§ 651, 434 Abs. 2 BGB) zu qualifizieren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 638 Abs. 1 BGB a.F. gilt die fünfjährige Verjährung „bei Bauwerken“, wenn das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganz oder teilweisen Neuerrichtung gleich zu achten sind. Diese Rechtsprechung gilt für den durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts eingeführten § 643a Abs. 1 Nr. 2 BGB fort. Durch die Vielzahl der Eingriffe in die Gebäudesubstanz, die schwere Erkennbarkeit von Mängeln durch aufeinander abgestimmte Arbeiten und die der Witterung ausgesetzte Nutzung liegt die typische Risikolage vor, die den Gesetzgeber veranlasst hat, für Arbeiten bei einem Bauwerk eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorzusehen.
(BGH Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13)
Wohnraummietrecht (Kündigung auch wegen älterer Mietrückstände möglich)
Sachverhalt:
Eine katholische Kirchengemeinde hatte im Jahre 2006 eine Wohnung in Düsseldorf vermietet. Die Mieterin hat die Mieten für den Februar und April 2013 nicht gezahlt. Nach einer erfolgslosen Mahnung vom 14. August 2013 kündigte die Kirchengemeinde das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013 wegen der offenen Mietforderungen fristlos. Die Mieterin wehrt sich gegen die Kündigung. Nach Auffassung des Landgerichts war die Kündigung der Kirchengemeinde gemäß § 314 Abs. 3 BGB („Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.“) unwirksam, weil sie erst mehr als sieben Monate nach Entstehen des Kündigungsgrundes und damit nicht mehr in angemessener Zeit erfolgt sei. Die Mieterin sei schutzwürdig, weil sie angesichts des Zeitablaufs davon habe ausgehen dürfen, dass die Kirchengemeinde von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch mehr machen werde.
Entscheidung:
Der BGH gibt der Kirchengemeinde Recht. § 314 Abs. 3 BGB findet neben den speziell geregelten Vorschriften zur fristlosen außerordentlichen Kündigung im Wohnraummietrecht (§§ 543, 569 BGB) keine Anwendung. Bereits der Wortlaut der §§ 543 und 569 BGB spricht gegen eine zeitliche Schranke für den Ausspruch der Kündigung. Diese Vorschriften, die im Einzelnen die Modalitäten der fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses regeln, sehen weder eine Zeitspanne, innerhalb derer die Kündigung auszusprechen ist, noch einen Verweis auf § 314 Abs. 3 BGB vor. Die vom Landgericht beanstandete „Verzögerung“ der Kündigung führte überdies auch nicht zur Verwirkung des Kündigungsrechts, denn tragfähige Anhaltspunkte für ein berechtigtes Vertrauen der Mieterin, dass die Kirchengemeinde von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung wegen Verzugs mit zwei Monatsmieten keinen Gebrauch machen werde, sind nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich (sog. Umstandsmoment).
(BGH Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 296/15)



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