Newsletter August 2016

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Bauträgerrecht (Abnahme durch Bauträger ist unwirksam)
Sachverhalt:
Der Käufer einer Eigentumswohnung begehrt von dem Bauträger die Beseitigung zahlreicher Mängel. Die Mängel beziehen sich sowohl auf das Sondereigentum als auch auf das Gemeinschaftseigentum. Den Bauträgervertrag hat der Käufer am 30.12.2002 abgeschlossen. Im Bauträgervertrag war geregelt, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums „durch die Verwaltung gemäß WEG, gegebenenfalls unter Anwesenheit von Erwerbern“ erfolgen solle. Im Vertragszeitpunkt war der Bauträger der WEG-Verwalter. Der Bauträger hat im November 2004 zu einem Abnahmetermin eingeladen. An diesem Termin haben Mitglieder des Verwaltungsbeirats der Wohnungseigentümergemeinschaft teilgenommen, nicht jedoch der Käufer. Das Abnahmeprotokoll hat der Bauträger für die Übernehmer- und Übergeberseite unterschrieben. Am 21.01.2005 übergab der Bauträger die Wohnung an den Käufer. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigte der Käufer verschiedene Mängel am Gemeinschafts- und Sondereigentum an. Der Käufer zahlte nicht den kompletten Kaufpreis und hat 2009 Klage wegen Mangelbeseitigung/Nacherfüllung eingereicht. Der Bauträger hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem Käufer Recht. Eine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums hat nicht stattgefunden. Eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Bauträger selbst als Erstverwalter ermöglicht, ist unwirksam. Den Bauträger trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Mängelfreiheit, da tatsächlich keine wirksame Abnahme vorliegt. Die vom Bauträger erhobene Einrede der Verjährung greift nicht, da die Verjährung erst mit der Abnahme beginnt.
Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)
(BGH Urteil vom 30.06.2016 – VII ZR 188/13)
Maklerrecht (unüblich hohe Provision im Vorkaufsfalle nicht zu zahlen)
Sachverhalt:
Zwei Brüder haben zu gleichen Teilen ein Hausgrundstück von der verstorbenen Mutter geerbt. Der eine Bruder beauftragte eine Maklerin mit der Vermittlung eines Kaufinteressenten für die Vermittlung seines hälftigen Erbteils. Die Maklerin hat einen Kaufinteressenten gefunden und es ist zum Abschluss eines Erbteilkaufvertrages gekommen, mit welchem der eine Bruder seinen Erbteil für 260.000,00 € veräußert hat. In dem Kaufvertrag war vereinbart, dass der Kaufvertrag durch die Maklerin zustande gekommen ist, dass der Käufer sich verpflichtet an die Maklerin ein Maklerhonorar in Höhe von 29.750,00 € für Beratung, wirtschaftliche Aufbereitung und Verkauf zu zahlen, und dass dieses Honorar im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts ebenfalls verdient und vom Vorkaufsberechtigten zu zahlen ist. Die Maklerprovision liegt bei 9,62 % netto des vereinbarten Kaufpreises. Der andere Bruder übte gegenüber seinem Bruder und dem Käufer sein gesetzliches Vorkaufsrecht (vgl. § 2034 Abs. 1 BGB: „Verkauft ein Miterbe seinen Anteil an einen Dritten, so sind die übrigen Miterben zum Vorkauf berechtigt.“) aus. Die Maklerin forderte von dem das Vorkaufsrecht ausübenden Bruder die Maklerprovision; er hat jedoch die Zahlung verweigert. Die Maklerin hat Klage erhoben.
Entscheidung:
Der BGH gibt dem das Vorkaufsrecht ausübenden Bruder Recht. Er muss die Maklerprovision nicht zahlen. Grundsätzlich wäre die Maklerprovision zu zahlen gewesen. Im vorliegenden Fall steht der Maklerin aber kein Anspruch auf Maklerlohn gemäß § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil die im Erbteilskaufvertrag getroffene Provisionsvereinbarung unüblich hoch war und deshalb weder die vereinbarte Höhe noch in einem auf das übliche Maß reduziertem Umfang wirkte. Nach Ansicht des BGH gehören Bestimmungen in Kaufverträgen über die Verteilung der Maklerkosten, die sich nicht im üblichen Rahmen halten, wesensgemäß nicht zum Kaufvertrag und verpflichten daher den Vorkaufsberechtigten nicht.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 5/15)
Wohnungseigentumsrecht (Stellplatznachweis ist Pflicht aller Wohnungseigentümer)
Sachverhalt:
Einem Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehören die Eigentumswohnungen Nr. 337 und 339. In der Baugenehmigung aus dem Jahre 1968 sind diese beiden Wohnungen jedoch als eine Wohnung (Nr. 337) erfasst. Erst nach Erteilung der Baugenehmigung hat der Bauträger die Wohnung Nr. 337 in zwei Wohnungen geteilt. In der Teilungserklärung aus dem Jahre 1969 sind auch beide Wohnungen aufgeführt. Die Eigentümerin der beiden Wohnungen stellt auf einer Eigentümerversammlung im Jahre 2013 folgenden Antrag:

„Die Verwaltung wird ermächtigt, den fehlenden Pkw – Stellplatznachweis für die Wohnungen 337 und 339 bzw. für alle Wohnungen, zu denen keine Stellplatznachweise bestehen, durch einen zu beauftragenden Architekten erarbeiten zu lassen bzw. an die Gemeinde (…) eine Ablösesumme als Stellplatzablösung zu zahlen. In diesem Fall wird der Verwalter beauftragt, mit der Gemeinde (…) Verhandlungen zu führen, eine Stellplatzablösevereinbarung zu schließen und die vereinbarte Stellplatzablösesumme zu bezahlen. Diese Beträge werden aus den Bewirtschaftungskosten finanziert.“

Der Beschlussantrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Eigentümerin der beiden Wohnungen hat Anfechtungsklage erhoben, um den Negativbeschluss für ungültig zu erklären und den gewünschten Beschluss vom Gericht ersetzen zu lassen.

Entscheidung:
Der BGH gibt der Eigentümerin Recht. Der angefochtene Negativbeschluss entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Eigentümerin von den übrigen Eigentümern die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen für den Stellplatznachweis bezüglich der aus der Teilung entstandenen zusätzlichen Wohnung fordern kann. Nach § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5  Nr. 2 WEG kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich verlangen, dass das Gemeinschaftseigentum plangerecht hergestellt wird, da unter Instandsetzung auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist. Der ordnungsmäßigen Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen. Für die Bestimmung des ordnungsmäßigen Anfangszustandes des Gemeinschaftseigentums ist nicht auf die im Jahre 1968 erteilte Baugenehmigung, sondern auf den Inhalt der Teilungserklärung aus dem Jahre 1969 abzustellen.

Autor: Arne Carstens, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Immobilienkaufmann (IHK)

(BGH Urteil vom 26.02.2016 – V ZR 250/14)



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